Trumps Zollhammer
Anime haben sich in den vergangenen Jahren von einem Nischenphänomen zu einem festen Bestandteil des Mainstreams entwickelt. Plattformen wie Netflix belegen diesen Trend deutlich: Rund die Hälfte aller Abonnentinnen und Abonnenten schaut dort regelmäßig Anime-Serien oder -Filme. Der weltweite Erfolg des Genres zeigt sich auch im Kino. So brach der erste Teil der Demon Slayer: Infinity Castle-Trilogie mehrere Rekorde und unterstrich, wie stark Produktionen aus Japan mittlerweile auch außerhalb Asiens das Publikum begeistern.
Genau in diesem Klima wachsender internationaler Bedeutung meldete sich nun US-Präsident Donald Trump zu Wort - und sorgte mit einem Beitrag auf Truth Social für Aufsehen. In seiner Nachricht kündigte er an, einen 100-prozentigen Importzoll auf alle Filme zu erheben, die außerhalb der Vereinigten Staaten produziert werden. Ausländische Produktionen bezeichnete er dabei als „Bedrohung der nationalen Sicherheit“. Damit stellt er sich nicht nur gegen den globalen Erfolg von Anime, sondern auch gegen die Internationalisierung der Filmindustrie insgesamt.
Bereits im Mai hatte Trump ähnliche Forderungen formuliert und sowohl das Handelsministerium als auch den US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer beauftragt, mögliche Maßnahmen zu prüfen. Wie die Umsetzung konkret aussehen soll, ist bislang unklar. Paradoxerweise könnte die Regelung sogar Hollywood selbst treffen: Zahlreiche Großproduktionen entstehen in Kooperation mit internationalen Partnern oder werden ganz oder teilweise im Ausland gedreht. Ein flächendeckender Importzoll würde daher die gesamte Filmwirtschaft empfindlich treffen.
Zusätzlich erschwert wird Trumps Vorstoß durch internationale Handelsregeln. Das Moratorium der Welthandelsorganisation (WTO) untersagt bis mindestens März 2026 die Erhebung von Zöllen auf digitale Übertragungen - also auch auf Streaming-Inhalte. Damit könnte ein wichtiger Teil von Trumps Plänen nicht nur stark eingeschränkt, sondern gänzlich blockiert werden.
Anime unter Druck
Besonders unklar bleibt derzeit, welche Folgen die geplante Zollregelung speziell für Anime haben könnte. Da die meisten Produktionen in Japan entstehen, würden sie grundsätzlich unter die Abgabe fallen. Gleichzeitig sind moderne Anime-Projekte längst keine rein japanischen Werke mehr. Häufig entstehen sie in Zusammenarbeit mit Studios in Südkorea, China oder sogar den USA - was die Frage aufwirft, welche Titel tatsächlich von den Zöllen erfasst würden.
Hinzu kommt, dass die Produktionsprozesse in der Anime-Branche immer komplexer geworden sind. Zwar liegt der Großteil der kreativen Arbeit weiterhin in Japan, doch einzelne Episoden oder bestimmte Animationselemente werden oft an externe Teams ausgelagert. Auch internationale Mitwirkung durch Animatoren, Synchronsprecher oder Produzenten gehört inzwischen zum Alltag. Diese verwobenen Strukturen erschweren es erheblich, klare Grenzen zwischen „inländisch“ und „ausländisch“ zu ziehen.
Sollte Trumps Zollpolitik tatsächlich umgesetzt werden, wären die Auswirkungen für Fans spürbar. Höhere Preise für Streaming-Abos, DVDs oder Merchandise in den USA könnten die direkte Folge sein. Gleichzeitig würde die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die den Erfolg moderner Anime erst möglich macht, massiv unter Druck geraten.
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